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SANIERUNG EINES MEHRFAMILIENHAUSES IN LANDSBERG AM LECH

„Zum Zwecke der Erlangung eines Schuhbedarfscheines versichere ich, der Wahrheit gemäß, dass ich nicht mehr als 1 Paar gebrauchsfähige Schuhe oder Stiefel, deren Sohle mindestens im Gelenk oder in der Vorderfläche ganz aus Leder besteht, besitze. Ich bin darüber belehrt, dass unwahre Versicherungen mit Gefängnis bis zu 1 Jahre und mit Geldstrafe bis zu 10.000.- Mark oder mit einer dieser Strafen bestraft werden.“

Es ist schon manchmal lustig, was einem bei Recherchen in alten Bauakten so in die Hände fällt. Die oben zitierte eidesstattliche Versicherung wurde 1910 von einem gewissen Georg Stumhofer unterschrieben. Sie befand sich in der Genehmigungsplanung des altehrwürdigen Gebäudes in der Museumstrasse in Landsberg, welches unser Bauherr uns anvertraut hatte. Ob dieser Herr Stumhofer tatsächlich etwas mit dem Bau des Gebäudes zu tun hatte, lässt sich heute nicht mehr nachvollziehen. Falls nicht – ihm ist auf alle Fälle etwas entgangen...

In den unteren Geschossen hatte schon längere Zeit niemand mehr gewohnt. Der Efeu eroberte das Bad im Erdgeschoss auch auf der Innenseite, einige Fensterläden hingen recht schief in ihren Angeln und der Versuch, das Erdgeschoss elektrisch auf den neuesten Stand zu bringen, war irgendwann, einige Staubschichten vorher, stecken geblieben. Unter diesen Staubschichten schlummerten in allen Ecken Schätze. Architektonische Schätze: hier ein altes Kastenschloss an den Innentüren, dort ein schöner Fliesenboden versteckt unter brüchigem Linoleum, ein original erhaltenes Eichen-Fischgrätparkett, die schmiedeeisernen Geländer oder die alten Kastenfenster mit ihren handgezogenen Glasscheiben. Für uns, die wir die Qualitäten alter Gemäuer
durchaus schätzen, eine wahre Fundgrube. Und glücklicherweise deckte sich unsere Sichtweise komplett mit der unseres Bauherren, der das Gebäude zwar auf „vermietungstauglichen“ Stand bringen wollte, sich des Wertes seiner alten Bausubstanz aber durchaus bewusst war. Und so setzten wir viel instand und tauschten wenig aus. Um zu erhalten, was erhaltenswert war, gingen wir den unbequemeren Weg der hohen Arbeitsaufwände und des guten Handwerks. Die über 100 Jahre alten Kastenfenster wurden mit viel Mühe aufgearbeitet und lackiert, die original erhaltenen Holzjalousien und Fensterläden liebevoll restauriert oder detailgetreu nachgebaut, das unnachahmlich schöne Parkett von mehreren Schichten Teppich und PVC-Belag befreit und abgeschliffen. Die vorangegangene enge Abstimmung mit dem Bauamt ermöglichte uns bzgl. des Brandschutzes bauliche Lösungen, die dem Erhalt der alten Bauteile Rechnung trug. Ein einheitliches Farbkonzept für den Außen- wie auch den Innenraum sollte einen frischen Fokus auf die bemerkenswerten Details des Gebäudes lenken, ohne sich als „Farbspiel“ in den Vordergrund zu drängen. Neben der Instandsetzung der 3 vorhandenen geräumigen Etagenwohnungen haben wir den Dachraum zu einem neuen Galeriegeschoß ausgebaut, welches die Wohnfläche der obersten Wohnung erheblich erweitert. Durch den Einbau von 3 schmalen, aber bodentiefen Lichtbändern auf der Hofseite und einem Dreiecksfenster im Walmgiebel konnten wir einen atmosphärisch hochattraktiven Raum schaffen, ohne die Außenfassade des Gebäudes zu beeinträchtigen.
Dieses Objekt hat wieder einmal gezeigt, wie lohnenswert die Investition in historische Bausubstanz ist. Neben der häufig überraschend hohen Qualität der alten Gemäuer schaffen Räume mit Spuren und Geschichte eine Stimmung, die gerade im behutsamen Zusammenspiel mit neuen Bauteilen einzigartig ist.
 
 
  
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